„Es gibt kein Heilmittel, das sicherer heilt als Wasser.“ Das erkannte nicht erst Pfarrer Sebastian Kneipp. Seit der mittleren Bronzezeit nutzen die Menschen Heilquellen, um ihre Gesundheit zu fördern. Davon zeugt die um 1.500 v. Chr. erbaute Brunnen-Einfassung der Mauritius-Quelle im schweizerischen St. Moritz. Bei den alten Römern verordneten Ärzte heilende Wässer, und in über 100 römischen Badeorten genoss die feine Gesellschaft höchsten Luxus. Auch Goethe, Schiller sowie viele Fürsten und Denker des 18. und 19. Jahrhunderts schätzten die körperlichen und seelischen Wohltaten von Trink- und Badekuren.
Goethe: mehr als 20 Becher Heilwasser am Tag
Zu Goethes Zeiten klangen die Anweisungen für Trinkkuren allerdings teilweise befremdlich. Es wurde empfohlen, bereits morgens auf nüchternen Magen 20 bis 30 Becher Heilwasser zu trinken. Zum Glück sind heute verträgliche Mengen von etwa einem bis zwei Litern Heilwasser pro Tag üblich. Es ist auch kein Muss mehr, beim Heilwasser-Trinken umherzugehen, damit die Inhaltsstoffe des Wassers wirken können. Diese Empfehlung hat uns jedoch zahlreiche schöne Wandelhallen in den Kurbädern beschert.
Wasserschatz: Heilung und Linderung für viele „Zipperlein“
Gegen welche Leiden die verschiedenen Heilwässer helfen sollen, verzeichnete bereits 1584 der „Neue Wasserschatz“ des Arztes Jakob Theodor, bekannt als Tabernaemontanus. Häufig sind dies ellenlange Listen aller erdenklicher „Zipperlein“. Doch der Wasserschatz wie auch die „Brunnenschriften“ der folgenden Jahrhunderte belegen zugleich, wie viel Erfahrung man in der Anwendung von Heilwässern schon damals hatte. Viele dort beschriebene Wirkungen lassen sich heute wissenschaftlich begründen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts identifizierte man erstmals Kohlensäure und Eisen als wirksame Bestandteile von Heilwässern. Doch erst im 19. Jahrhundert wurden die Quellen systematisch auf ihre Inhaltsstoffe untersucht.
Wirkungen heute wissenschaftlich nachgewiesen
Heute sind die Inhaltsstoffe der Heilwässer voll analysiert und ihre Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen. Erst dann wird ein Wasser als Heilwasser anerkannt. So werden Trinkkuren als natürliche, medizinisch wirksame Therapien geschätzt, die helfen, Krankheiten vorzubeugen, sie zu lindern oder zu heilen. Die Vielfalt der Anwendungsgebiete reicht von Magen-Darm-Beschwerden über Harnwegsinfekte, Harnsteine und Übersäuerung bis zu Mineralstoffmangel. Wirksam sind die Mineralstoffe und Spurenelemente, die das Wasser auf seinem langen Weg durch tiefes Gestein aufnimmt.
Heilsame Kuren auch zu Hause genießen
Auch zu Hause kann jeder die Wohltat einer Trinkkur erleben. Eine oder zwei Flaschen Heilwasser über den Tag verteilt getrunken, fördern Gesundheit und Wohlbefinden, liefern wichtige Mineralstoffe und versorgen den Körper zugleich mit reichlich Flüssigkeit. Solche allgemeinen Trinkkuren sind zeitlich nicht beschränkt. Der Kieler Arzt Johann Daniel Horstius hatte schon im 17. Jahrhundert die natürliche und sanfte Wirkweise von Heilwasser erkannt: „Es wirkt so gelinde in den Körper, dass man es Alten und Jungen kann brauchen, und sogar statt des ordentlichen Getränks nehmen lassen.“ Ideal ist es also, täglich Heilwasser zu trinken, am besten ein Leben lang.
Anwendungsgebiete: Hier helfen Heilwässer
Heilwasser reich an | Erforderliche Wirkstoffmenge | Anwendung |
Hydrogencarbonat | > 1.300 mg/Liter | Übersäuerung, Sodbrennen, Reizmagen, bestimmte Harnwegsinfekte, bestimmte Harnsteinarten |
Sulfat | > 1.200 mg/Liter | Darmträgheit, funktionelle Erkrankungen von Galle und Bauspeicheldrüse, bestimmte Harnsteine |
Calcium | > 250 mg/Liter | Calciummangel, Osteoporose |
Magnesium | > 100 mg/Liter | Magnesiummangel und dessen Folgen, z. B. Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen |
Fluorid | > 1 mg/Liter | Vorbeugung von Karies |
Kohlensäure | > 1.000 mg/Liter | Anregung der Magen-Darm-Funktion, Förderung der Harnausscheidung (Diurese) |